Wann haben Sie das letzte Mal in Ihrem Betrieb (ob als Gesellschafter, Manager oder Mitarbeiter) laut und ausdauernd über den sogenannten Fachkräftemangel geklagt? Wenn wir ehrlich sind, begegnen wir dieser Mangelerscheinung doch täglich, auch in unserem privaten Umfeld. Handwerker kommen nicht wegen Überlastung und finden keinen Nachwuchs, Servicekräfte im Restaurant fehlen und die Ruhetage nehmen zu, Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal fehlen im Krankenhaus und in der Altenpflege. Ach ja: und beim Bäcker bin ich immer der Einzige, der das Sortiment genau kennt, denn die Kräfte hinter dem Tresen sind immer Herr oder Frau „Ich bin neu“.

Aber zurück in den Betrieb, in dem Sie die Verantwortung tragen: wieviele unbesetzte Stellen haben Sie, unter wie vielen unbesetzten Ausbildungsplätzen leiden Sie, wie lange ist die durchschnittliche Vakanzzeit nach einem Kündigungsausspruch? Haben Sie die KPI parat? Sie verraten viel darüber, in welchem Dilemma wir uns befinden. Politisch diskutieren wir über Fachkräfteeinwanderung, Integration und Bürgergeld. Das Fass mache ich hier bestimmt nicht auf.

Betriebswirtschaftlich müssen wir uns aber fragen: nutzen wir eigentlich alle vorhandenen volkswirtschaftlichen Ressourcen optimal aus? Ein von mir sehr geschätzter Personalberater am Hamburger Ballindamm sagte letztes Jahr mal zu mir: „Wir haben keinen Fachkräftemangel, wir haben einen Fachkräfteverwertungsmangel“. Ich glaube das mittlerweile auch, denn mir laufen in letzter Zeit immer mehr erfahrene und sehr gut ausgebildete, immer noch hoch-motivierte und meist auch recht flexible Fach- und Führungskräfte über den Weg, die einen neuen Job suchen.

Warum suchen sie einen neuen Job? Weil sie oft in großen Firmen als „teure Oberschicht“ einfach abgetragen werden, wenn es um Sparen und Verschlankung der Strukturen geht. Schwups, raus. Nach 30+ Jahren mit Mitte/Ende 50 oder gar Anfang 60. Manchmal war auch eine krankheitsbedingte Auszeit der Grund, warum der Arbeitgeber das treue „Rennpferd“ auf den „Gnadenhof“ abschiebt. Das Renteneintrittsalter noch in weiter Ferne, scheint sich die  Arbeitsagentur eher im Sinne einer „Beschäftigungsagentur“ darum zu kümmern, dass die Arbeitssuchenden mit Administration und Frustration beschäftigt sind. Kaum ein Gespräch kommt zu Stande, weil sorgsame Personaler (vermutlich rund 30+ Jahre jünger als die Betroffenen) die Schotten dicht halten und die Unterlagen gar nicht erst auf den Chef-Tisch kommen.

Und wenn doch? Unternehmer A sagt, „Der ist nicht mehr flexibel und ist eh in 2 Jahren in Rente, sobald er kann!“. Unternehmerin B sagt, „Den werde ich nie mehr los, wenn der die Probezeit überstanden hat, Sie kennen doch die Arbeitsgerichte!“ und Manager C sagt, „Der kann sich doch nicht mehr auf was Neues einlassen in dem Alter, das weiss ich genau!“.

Wow, wie wahr, oder?

Also ich bin kein Hellseher, deshalb würde ich immer mit den Leuten persönlich sprechen wollen und sie nicht an der Poststelle abwimmeln. Ich würde mit ihnen ihre Pläne und Ansprüche offen besprechen. Ihre Möglichkeiten ausloten, auch für weniger Gehalt als Früher und mit weniger Verantwortung noch ein paar Jahre „Sinn-stiftend“ zu arbeiten und jungen Leuten (über deren Manieren, Einstellungen und Leistungen wir ja auch immer vortrefflich sinnieren) noch als Leuchtturm und Vorbild im Betrieb zu dienen. Kahler kühler Kopf, ruhige gelassene Hand. Keine Ambitionen des Weg-Beissen und Stuhl-Sägen im Portfolio.

Wer von Ihnen also ähnlich denkt und meint, dass die o.g. Kolleginnen und Kollegen eine faire Chance verdient haben, der mag sich mit mir gerne enger dazu vernetzen oder einfach etwas dafür tun, dass wir vorhandene Ressourcen besser nutzen. Beim Second-Hand-Pullover, dem Kunststoff-Joghurtbecher und bei der Aludose klappt es doch auch…sorry, hinkender Vergleich, aber irgendwie doch auch ein „Hingucker“, oder?